Pessimismus in Israel: Mehrheit der jüdischen Israelis glaubt nicht an baldigen Waffenstillstand
Eine neue Umfrage zeigt, dass die Mehrheit der jüdischen Israelis skeptisch gegenüber einer baldigen Einigung über einen Waffenstillstand und die Freilassung von Geiseln ist. Unterschiede zeigen sich auch zwischen jüdischen und arabischen Israelis in ihrer Einschätzung der politischen Motivation hinter Netanyahus Forderungen.
Die jüngste Umfrage des Israel Democracy Institute, der sogenannte Israeli Voice Index, hat eine tiefe Kluft in den Erwartungen und Einstellungen der israelischen Bevölkerung offengelegt. Laut der Umfrage, die zwischen dem 26. und 28. August durchgeführt wurde, zeigen sich 78,5 % der jüdischen Israelis pessimistisch gegenüber der Möglichkeit eines baldigen Waffenstillstands, der zur Freilassung von Geiseln führen könnte. Nur 15,5 % der jüdischen Befragten äußerten Optimismus in dieser Hinsicht. Unter den arabischen Israelis hingegen sind die Meinungen geteilt: 48 % sind optimistisch, während 49 % pessimistisch sind.
In der Gesamtheit der befragten Bevölkerung äußerten sich 73,5 % pessimistisch und nur 22 % optimistisch, was die Chancen auf eine schnelle Lösung betrifft. Diese Umfrage erfasst jedoch nicht die Reaktionen auf die Nachrichten, die kurz nach der Befragung über die Rückführung der Leichen von sechs Geiseln aus Gaza bekannt wurden.
Ein weiterer Fokus der Umfrage lag auf den Motiven hinter der Forderung von Premierminister Benjamin Netanyahu, im Philadelphi-Korridor zu verbleiben. Hier glauben 51 % der Befragten, dass diese Forderung hauptsächlich auf militärischen und strategischen Überlegungen basiert, während 39 % der Ansicht sind, dass Netanyahu politische Gründe verfolgt, um ein Geiselabkommen zu verhindern. Insbesondere jüdische Israelis tendieren stärker zu der Annahme, dass militärische Gründe im Vordergrund stehen, mit 58,5 %, die diese Option wählten, im Vergleich zu 33 %, die politische Gründe vermuten. Arabische Israelis hingegen sehen in überwältigender Mehrheit (66,5 %) politische Motive.
Die Umfrage untersuchte auch die Einschätzung, ob dies die letzte Chance für ein Geiselabkommen sei, eine Ansicht, die unter anderem vom US-Außenminister Antony Blinken geäußert wurde. Hier war die israelische Bevölkerung gespalten: 44,5 % stimmten zu, dass dies die letzte Chance sei, während die gleiche Prozentzahl dies verneinte.
Der drohende Angriff Irans auf Israel beeinflusst das tägliche Verhalten der Israelis nur geringfügig, wie 67 % der Befragten angaben. Ebenso sagte die Mehrheit, dass die Bedrohung ihre Stimmung wenig bis gar nicht beeinträchtigt.
Bezüglich des nördlichen Grenzgebiets zu Libanon, zeigte die Umfrage, dass 67 % der Israelis eine Intensivierung der Kämpfe gegen die Hisbollah befürworten, während 77 % der arabischen Israelis einen diplomatischen Weg bevorzugen. Eine deutliche politische Spaltung wird auch hier sichtbar: Während 47 % der jüdischen Israelis mit linker Orientierung eine diplomatische Lösung unterstützen, sprechen sich nur 21,5 % der Zentrumswähler und 7 % der Rechten für Diplomatie aus. Bei den rechten Wählern plädierten 61 % für eine tiefgreifende Offensive, die auch libanesische Infrastruktur ins Visier nehmen soll.
In Bezug auf den Gaza-Konflikt glauben 64 % der jüdischen Israelis und 52 % der arabischen Israelis nicht, dass Israel militärisch alles erreicht hat, was möglich wäre. Zudem gaben 66 % an, dass die Spannungen zwischen Premierminister Netanyahu und Verteidigungsminister Gallant das Kriegsmanagement negativ beeinflussen.
Insgesamt zeigt die Umfrage, dass der Optimismus in Israel im August leicht gestiegen ist. 36 % der Befragten äußerten sich optimistisch über die Zukunft der demokratischen Ordnung in Israel, verglichen mit 30 % im Juli. Das Vertrauen in die nationale Sicherheit stieg ebenfalls, von 26 % im Juli auf 39 % im August.
Autor: Redaktion
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Mittwoch, 04 September 2024