Erschreckende Studie: Ein Viertel der Bevölkerung in NRW mit antisemitischen Einstellungen
Eine neue Dunkelfeldstudie in NRW zeigt alarmierende Zahlen: Fast ein Viertel der Bevölkerung vertritt gefestigte antisemitische Vorurteile. Besonders bei Jugendlichen und auf sozialen Medien wie Tiktok wächst der Einfluss antisemitischer Propaganda.
In Nordrhein-Westfalen (NRW) sind antisemitische Einstellungen noch weiter verbreitet als bisher angenommen. Das zeigt eine aktuelle Dunkelfeldstudie, die Innenminister Herbert Reul (CDU) und die Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) kürzlich vorstellten. Die Ergebnisse der Studie »Antisemitismus in der Gesamtgesellschaft von Nordrhein-Westfalen im Jahr 2024« zeichnen ein alarmierendes Bild über das Ausmaß antisemitischer Vorurteile in der Gesellschaft.
Laut der Studie vertreten je nach Erscheinungsform bis zu einem Viertel der Befragten in NRW gefestigte antisemitische Einstellungen. Besonders der religiös motivierte Antisemitismus, Verschwörungstheorien über den Einfluss „der Juden“ sowie die Verharmlosung des Holocausts sind weit verbreitet. So glauben etwa 12 Prozent der Befragten, dass die jüdische Religion Gewalt gegen Kinder legitimiere, und rund 46 Prozent stimmten Aussagen zu, die einen übermäßigen jüdischen Einfluss in der Welt implizieren.
Antisemitismus bei Jugendlichen und in sozialen Medien
Besonders besorgniserregend ist der Anstieg des israelbezogenen Antisemitismus. Rund 38 Prozent der Befragten setzen die israelische Politik mit dem Nationalsozialismus gleich. Auffällig sind dabei vor allem Jugendliche im Alter von 16 bis 18 Jahren, die laut der Studie eine stark israelfeindliche Haltung vertreten.
Die Wissenschaftler der Studie, Lars Rensmann und Heiko Beyer, betonen, dass der Einfluss sozialer Medien wie Tiktok eine bedeutende Rolle bei der Verbreitung von antisemitischen Einstellungen spielt. Rensmann beschreibt Tiktok als „Propagandaform des 21. Jahrhunderts“, die besonders Jugendliche im Alltag erreicht. Er fordert daher strengere Maßnahmen gegen Hassrede und antisemitische Inhalte auf diesen Plattformen.
Stadt vs. Land und politische Einstellungen
Interessanterweise sind Menschen auf dem Land laut der Studie weniger antisemitisch eingestellt als Stadtbewohner. Auch der Bildungsgrad hat nur einen geringen Einfluss auf die Vorurteile, was darauf hindeutet, dass höher Gebildete ihre antisemitischen Einstellungen lediglich besser verbergen können. Besonders Anhänger rechter Parteien, wie der AfD und der neuen Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW), wiesen in der Umfrage höhere Antisemitismus-Werte auf.
Konsequenzen und Forderungen
Die Studie ruft zu konkreten Maßnahmen auf. Besonders im Bereich der Jugendarbeit und der Schulen sehen die Wissenschaftler dringenden Handlungsbedarf. Neben der verstärkten Auseinandersetzung mit dem Nahost-Konflikt sollten auch mehr persönliche Begegnungen gefördert werden, um Vorurteile abzubauen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Einfluss autoritärer Staaten auf religiöse Verbände in Deutschland. Hierbei müsse laut Leutheusser-Schnarrenberger auch der islamische Religionsunterricht genauer überprüft werden, um sicherzustellen, dass keine antisemitischen Inhalte verbreitet werden.
Die steigende Zahl antisemitischer Straftaten in NRW, die laut dem Verfassungsschutzbericht 2023 um 65 Prozent zugenommen hat, unterstreicht die Dringlichkeit dieser Maßnahmen. Innenminister Reul warnt: „Die sozialen Medien sind so etwas wie die Sendemasten von Hass und Hetze.“
Autor: Redaktion
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Mittwoch, 25 September 2024