9. November: Ein dunkler Jahrestag und die bedenklichen Parallelen zur Gegenwart
Am Jahrestag der Novemberpogrome erinnern sich viele an die Zerstörung und den Schmerz der Juden in Deutschland. Die Wunden sind tief, und aktuelle Ereignisse wecken erneut Ängste.
Der 9. November markiert eines der schmerzvollsten Kapitel der deutschen Geschichte. Vor 86 Jahren, im Jahr 1938, brannten Synagogen, jüdische Geschäfte wurden verwüstet, und mehr als 1300 Menschen starben während der Novemberpogrome, die zynisch als "Reichskristallnacht" bezeichnet wurden. Mehr als 1400 Synagogen und Gebetshäuser wurden zerstört, etwa 7500 Geschäfte geplündert. Diese brutalen Ausschreitungen markieren einen Wendepunkt in der Geschichte der Verfolgung jüdischer Menschen in Deutschland, denn der Weg von den Pogromen führte direkt in den Holocaust. Historiker wie Wolfgang Benz und Frank Bajohr sprechen von einem „Zivilisationsbruch“.
Die traumatischen Erinnerungen an die Pogrome haben in den letzten Monaten neues Gewicht bekommen. Der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 riss alte Wunden auf und verstärkte die Ängste der jüdischen Gemeinschaft weltweit. Die Schutzmaßnahmen um jüdische Einrichtungen wurden in Deutschland erhöht, denn Antisemitismus bleibt allgegenwärtig. Die schrecklichen Anschläge auf Synagogen in Halle 2019 und Oldenburg 2024 erinnern daran, dass jüdische Gotteshäuser nach wie vor Ziele des Hasses sind.
Doch es gibt auch Zeichen der Hoffnung. Seit dem vergangenen Jahr wurden mehrere Synagogen, darunter in Potsdam, Kiel, Magdeburg und Dessau, wiedereröffnet. Diese neu geschaffenen Orte des Glaubens und der Zusammenkunft stehen symbolisch für Widerstand und Wiederaufbau. Der erneute Aufbau zerstörter Gotteshäuser ist nicht nur eine Erinnerung an die Vergangenheit, sondern auch eine Mahnung, dass die jüdische Gemeinschaft in Deutschland wieder Fuß gefasst hat.
Trotz dieser positiven Entwicklungen bleibt der 9. November eine Mahnung. Die Ereignisse von damals mahnen uns zur Wachsamkeit, da der Antisemitismus in Europa wieder auf dem Vormarsch ist und auch in Deutschland Anhänger findet – ein erschreckender Trend, der durch den Aufstieg rechtsextremer Parteien wie der AfD verdeutlicht wird.
Das neue Feindbild: das Bauhaus
Ein weiteres beunruhigendes Zeichen ist der Vorstoß der AfD in Sachsen-Anhalt, die sich das Bauhaus als neues Feindbild auserkoren hat. Im Magdeburger Landtag brachte die Partei, die als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft ist, einen Antrag gegen die Stiftung Bauhaus Dessau ein. In dem Antrag verurteilt die AfD das Bauhaus als „menschenunfreundliche Architektur“ und eine „Bausünde“ und lehnt es als „abgrundtief hässlich“ ab. Gleichzeitig fordern sie die Stärkung eines „Heimatstils“ – Begriffe, die eine völkische Ideologie suggerieren.
Dieser Angriff ist nicht nur eine Ablehnung eines international anerkannten Kulturguts, sondern zielt auch darauf ab, die weltoffenen Werte zu zerstören, für die das Bauhaus steht. 1919 in Weimar gegründet, war das Bauhaus nicht nur ein Zentrum innovativer Kunst und Architektur, sondern ein Symbol für Internationalität und Offenheit. Von Anfang an stand das Bauhaus unter Beschuss nationaler Kräfte und wurde schließlich 1933 von den Nationalsozialisten geschlossen. Die Parallelen zu den heutigen Angriffen der AfD sind unübersehbar und zeigen, wie gefährlich der Einfluss der Rechtsextremen auf unsere kulturellen Werte ist.
Die jüngsten Entwicklungen sind eine ernste Warnung. In einer Zeit, in der rechtsextreme Ideologien erneut versuchen, Einfluss zu gewinnen und demokratische Werte anzugreifen, ist es entscheidend, wachsam zu sein. Der Jahrestag der Novemberpogrome und der aktuelle Angriff auf das Bauhaus erinnern uns daran, dass wir für ein offenes, demokratisches und menschenfreundliches Deutschland eintreten müssen. Die AfD mag das Bauhaus als „hässlich“ bezeichnen, aber die wahre Hässlichkeit liegt in ihrem Angriff auf die Werte der Demokratie.
Autor: Redaktion
Bild Quelle:
Sonntag, 10 November 2024