Gedenken zur Kristallnacht in Österreich: Jüdische Gemeinde lehnt Teilnahme ab – Kritik an FPÖ-Politiker Rosenkranz wächst

Gedenken zur Kristallnacht in Österreich: Jüdische Gemeinde lehnt Teilnahme ab – Kritik an FPÖ-Politiker Rosenkranz wächst


Die jährliche Mahnveranstaltung zur Kristallnacht wird von Spannungen überschattet: Die jüdische Gemeinde kritisiert die Teilnahme des FPÖ-Politikers Walter Rosenkranz und verzichtet auf eine Teilnahme.

Gedenken zur Kristallnacht in Österreich: Jüdische Gemeinde lehnt Teilnahme ab – Kritik an FPÖ-Politiker Rosenkranz wächst

Die bevorstehende Gedenkveranstaltung zur Kristallnacht in Wien, angesetzt für den 9. November, entfaltet bereits im Vorfeld intensive Diskussionen und Spannungen. Die jüdische Gemeinde Österreichs hat angekündigt, dem Event fernzubleiben. Der Grund: Walter Rosenkranz, Nationalratspräsident und ein prominentes Mitglied der rechtspopulistischen FPÖ, soll als offizieller Vertreter Österreichs anwesend sein. Seine Teilnahme wird von der jüdischen Gemeinde jedoch strikt abgelehnt und als Affront gewertet. Der Hintergrund ist eine beunruhigende Nähe von Rosenkranz zu rechtsextremen Kreisen und seine Mitgliedschaft in der deutschnationalen Burschenschaft „Libertas“.

Die Veranstaltung findet jährlich am Mahnmal „Mauern der Namen“ statt, das 2021 errichtet wurde und an die rund 65.000 ermordeten österreichischen Juden erinnert. Die Mahnveranstaltung ist für die jüdische Gemeinde mehr als eine staatliche Pflichtübung; sie bietet einen Raum des stillen Gedenkens und der Erinnerung an persönliche Verluste und Leidensgeschichten.

Walter Rosenkranz hat in der Vergangenheit mehrfach für Kontroversen gesorgt, besonders im Zusammenhang mit seiner Mitgliedschaft bei der Libertas, einer deutschnationalen und rechtsextremen Burschenschaft. Diese Organisation pflegt eine problematische Haltung gegenüber Rassismus und Nationalismus, wie aus Recherchen des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW) hervorgeht. So förderte die Libertas einst die neonazistische Gruppe „Bund Freier Jugend“ (BFJ) und zeichnete sie mit dem „Carl von Hochenegg-Preis“ aus – eine Ehrung für „herausragende Taten im Sinne des national-freiheitlichen Gedankens“. Rosenkranz selbst tat die Kritik an der finanziellen Unterstützung dieser Gruppe jedoch ab und bezeichnete sie als „Diffamierung“.

Sein Name taucht zudem in einer Liste „verdienter“ Persönlichkeiten auf, die während der NS-Zeit besonders aktiv waren und denen Rosenkranz eine „Leistung für Österreich“ zuschreibt. Dazu gehört auch Hans Stich, ein NS-Generalstaatsanwalt, der für zahlreiche Todesurteile gegen Widerstandskämpfer verantwortlich war. Dass Rosenkranz sich bis heute von diesen Verbindungen und Äußerungen nicht distanziert hat, weckt Bedenken über seine tatsächlichen politischen Überzeugungen.

Walter Rosenkranz ist seit vielen Jahren in der österreichischen Politik aktiv und steht seit 2019 als einer von drei Volksanwälten in Österreich für Menschenrechte ein. In dieser Rolle überwacht er die öffentliche Verwaltung und ist als nationaler Präventionsmechanismus für die Einhaltung der Menschenrechte zuständig. Diese Position erscheint angesichts seiner Verbindungen zur rechtsextremen Szene und seiner wiederholten Verharmlosung von nationalsozialistischen Persönlichkeiten als äußerst umstritten. Die jüdische Gemeinde sieht daher in seiner Teilnahme an der Kristallnacht-Gedenkveranstaltung einen Widerspruch zu den Prinzipien, die eine solche Veranstaltung vermitteln sollte.

Neben seiner Rolle in der Burschenschaft pflegt Rosenkranz auch heute noch Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen. Beispielsweise war einer seiner Personenschützer in den Reihen von Gottfried Küssel aktiv, einem bekannten Neonazi, und auch zur neofaschistischen „Identitären Bewegung“ unterhält Rosenkranz enge Kontakte. Diese Bewegung steht für die Verbreitung von Rassenideologien und wurde in der Vergangenheit durch internationale Terrornetzwerke unterstützt.

Die jüdische Gemeinde hat wiederholt betont, dass eine solche Teilnahme an der Gedenkveranstaltung durch eine Person mit rechtsextremen Verbindungen den Opfern der NS-Verbrechen nicht gerecht werde. Der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in Wien erklärte, dass „die Teilnahme von Herrn Rosenkranz für viele Mitglieder der Gemeinde nicht akzeptabel ist und als Verhöhnung unserer Opfer empfunden wird.“ Eine offizielle Teilnahme durch die jüdische Gemeinde wird es daher dieses Jahr nicht geben. Diese Entscheidung ist ein Ausdruck des Protests gegen die Normalisierung von Politikern mit fragwürdigen ideologischen Verbindungen.

Österreich, das in seiner Geschichte eine zentrale Rolle in der NS-Zeit spielte und selbst mit seiner Verantwortung aus der Shoah lange haderte, steht durch diesen Konflikt erneut vor einer Herausforderung: Ein hoher Politiker mit beunruhigenden Verbindungen zur rechtsextremen Szene soll eine symbolträchtige Gedenkveranstaltung offiziell vertreten. Dies sendet nicht nur ein problematisches Signal nach innen, sondern auch nach außen, da die offizielle Haltung zu Antisemitismus und Nationalsozialismus erneut infrage gestellt wird. Die Frage bleibt, wie lange Persönlichkeiten mit solchen Verbindungen in hohen Ämtern bleiben und dennoch als Repräsentanten eines demokratischen und verantwortungsbewussten Österreichs auftreten können.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von C.Stadler/Bwag - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=118372103


Donnerstag, 31 Oktober 2024

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