Wien verzeichnet drastischen Anstieg antisemitischer Vorfälle
Antisemitische Vorfälle haben sich in Wien im Jahr 2024 fast verdreifacht. Die Gründe und Arten der Vorfälle zeigen, wie tief der Hass in der Gesellschaft verwurzelt ist und wie aktuelle geopolitische Spannungen antisemitische Einstellungen befeuern.
Im Jahr 2024 hat die Zahl der antisemitischen Vorfälle in Wien laut dem Bericht der Antisemitismus-Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) einen alarmierenden Anstieg erfahren. Zwischen dem 1. Januar und dem 30. Juni 2024 wurden insgesamt 808 Vorfälle registriert, während es im gleichen Zeitraum des Vorjahres nur 311 waren. Diese Zahl zeigt, wie sich der Hass auf Juden rasant verschärft hat, insbesondere im Zusammenhang mit der aktuellen Situation im Nahen Osten. Nach den Schätzungen der IKG ist die Dunkelziffer der Vorfälle jedoch noch höher, da viele Betroffene aus Angst oder Resignation auf eine Meldung verzichten.
Zunehmende Bedrohung und neue Formen des Antisemitismus
Der IKG-Bericht zeigt, dass sich antisemitische Übergriffe zunehmend auf soziale Medien verlagern und sich gegen Israel richten. Neben Beschimpfungen und Bedrohungen im Internet verzeichnete die IKG einen drastischen Anstieg körperlicher Übergriffe: Von sechs Angriffen im ersten Halbjahr 2023 stieg die Zahl auf 16 im Jahr 2024. Darunter fiel auch eine Attacke, bei der ein Mann im Vorbeigehen einer jüdischen Frau in den Bauch schlug, sowie ein Feuer, das im jüdischen Bereich des Wiener Zentralfriedhofs gelegt wurde. Insgesamt wurden 92 Vorfälle mit antisemitisch motivierten Sachbeschädigungen erfasst, doppelt so viele wie im Vorjahr.
Ideologische und religiöse Motive hinter den Vorfällen
Die meisten Übergriffe wurden laut Bericht von Personen mit islamischem Hintergrund begangen, gefolgt von links- und rechtsextremen Tätern. Die zunehmende Beteiligung linksgerichteter und islamistischer Gruppen an der BDS-Bewegung wird ebenfalls als ernstes Problem wahrgenommen, ebenso wie die „bizarre“ Unterstützung dieser Bewegung durch feministische und queere Gruppen, die sich selbst als progressiv verstehen.
Die Rolle der österreichischen Regierung und der Sicherheitskräfte
Trotz des erschreckenden Anstiegs zeigt der Bericht, dass die österreichische Regierung und Sicherheitskräfte aktiv gegen antisemitische Gewalt vorgehen und die jüdische Gemeinschaft schützen. Die IKG lobt die schnelle Verurteilung der Hamas durch die Regierung und das Engagement der Polizei bei Demonstrationen, was die Anzahl gewaltverherrlichender Kundgebungen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern gering gehalten haben könnte.
Antisemitismus als anpassungsfähiges Phänomen
Der Bericht betont, dass Antisemitismus in Zeiten sozialer und geopolitischer Unruhen floriert. Die IKG plädiert für ein umfassenderes Verständnis von Antisemitismus, das neue Formen dieser Jahrtausende alten Feindseligkeit erfasst und bekämpft. Der Hass auf Israel wird zunehmend als eine neue Variante des Antisemitismus erkannt, was es erschwert, alle Fälle zu dokumentieren und zu analysieren. Die IKG mahnt, dass Österreich die gesellschaftlichen Veränderungen, die diesen Hass antreiben, nicht ignorieren darf, und fordert politische und gesetzliche Maßnahmen, um die jüdische Bevölkerung zu schützen.
Autor: Redaktion
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Sonntag, 03 November 2024