Ägypten und die Türkei: Geopolitische Neuordnung im östlichen Mittelmeerraum
Der Besuch des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah El-Sisi in Ankara markiert eine neue Phase der Zusammenarbeit zwischen Ägypten und der Türkei, die als Schlüsselakteure im östlichen Mittelmeerraum eine bedeutende Rolle spielen.
Der kürzliche Besuch des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah El-Sisi in Ankara war weit mehr als ein gewöhnlicher diplomatischer Termin. Es handelte sich um ein bemerkenswertes Ereignis, das die sich wandelnde geopolitische Landschaft im östlichen Mittelmeerraum widerspiegelt. Ägypten und die Türkei, zwei der bevölkerungsreichsten Nationen in der Region, spielen eine zentrale Rolle in diesem strategischen Gebiet. Während die Türkei die nördliche Grenze des Mittelmeers sichert, übernimmt Ägypten die Kontrolle über den südlichen Teil.
Historisch gesehen verbindet diese beiden Nationen eine lange Geschichte, die bis in die osmanische Zeit zurückreicht. Im Jahr 1516 besiegte Sultan Selim I. die Mamluken in der Schlacht von Marj Dabiq, was den Beginn einer fast 300-jährigen osmanischen Herrschaft über Ägypten markierte. Diese Herrschaft endete formell erst mit dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg.
In jüngster Zeit war das Verhältnis zwischen Ägypten und der Türkei von Spannungen geprägt, insbesondere nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi und dem Aufstieg von El-Sisi, einem ehemaligen General, der von der Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan scharf kritisiert wurde. Die Türkei unterstützte die Muslimbruderschaft, die unter Mursi die Macht innehatte, und war über den Machtwechsel in Ägypten erbost.
Doch in den letzten drei Jahren haben sich die Spannungen allmählich abgebaut, als Ankara begann, seine Beziehungen zu den einflussreichen arabischen Staaten, darunter Ägypten, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, zu normalisieren. Dieser Annäherungsprozess erreichte kürzlich mit El-Sisis Besuch in der Türkei einen Höhepunkt, bei dem der ägyptische Präsident mit außergewöhnlicher Gastfreundschaft empfangen wurde. Dies ist ein klares Signal dafür, dass beide Länder bereit sind, alte Feindseligkeiten hinter sich zu lassen und eine neue Ära der Zusammenarbeit zu beginnen.
Die Zusammenarbeit zwischen Ägypten und der Türkei ist nicht nur aufgrund ihrer geostrategischen Lage von entscheidender Bedeutung. Beide Nationen stehen vor enormen Herausforderungen, die durch die aktuellen Konflikte in der Region noch verschärft werden. Der anhaltende Krieg in Gaza, der die Sicherheitslage in der gesamten Region destabilisiert, stellt sowohl für Ägypten als auch für die Türkei eine erhebliche Bedrohung dar. Die jüngsten Ereignisse, insbesondere die Angriffe der Hamas auf Israel am 7. Oktober, unterstreichen die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit zwischen diesen beiden regionalen Mächten.
Ägypten, das die Kontrolle über den Suezkanal hat – eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt – und die Türkei, die den Bosporus kontrolliert, durch den die russische Marine Zugang zum Mittelmeer hat, müssen ihre strategischen Interessen wahren und gemeinsam auf die wachsenden Spannungen im Nahen Osten reagieren. Insbesondere die Auswirkungen der iranischen Einmischung in den Gaza-Konflikt sowie die zunehmende Instabilität in Ländern wie Libyen und Syrien machen eine verstärkte Kooperation unerlässlich.
Ein zentrales Thema bei den Gesprächen zwischen El-Sisi und Erdogan war die Zusammenarbeit in militärischen Fragen sowie der Ausbau des Handelsvolumens, das in den nächsten Jahren von derzeit 7 Milliarden US-Dollar auf 15 Milliarden US-Dollar pro Jahr gesteigert werden soll. Auch das langjährige Problem der Muslimbruderschaft, das die Beziehungen der beiden Länder lange belastet hat, wurde diskutiert, was den Weg für eine umfassendere Zusammenarbeit ebnete.
El-Sisis Besuch in Ankara markiert den Beginn einer neuen Ära in den Beziehungen zwischen Ägypten und der Türkei. Angesichts der zunehmenden geopolitischen Spannungen und der anhaltenden Konflikte in der Region ist es klar, dass beide Nationen die Bedeutung einer pragmatischen Zusammenarbeit erkannt haben, um ihre jeweiligen Interessen zu schützen und die Stabilität im östlichen Mittelmeerraum zu gewährleisten. Ein Rückschritt in die alte Feindseligkeit scheint keine Option mehr zu sein.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By President.az, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=128182837
Samstag, 14 September 2024
