Israels Geiselkrise: Hamas blockiert Verhandlungen, nicht die Philadelphi-Korridor-Frage
Ein hochrangiger israelischer Verteidigungsbeamter gibt Hamas die Schuld an der Verzögerung bei der Freilassung israelischer Geiseln und betont die Bedeutung eines Sicherheitsperimeters in Gaza für Israels Strategie.
Die Weigerung der Hamas, ein Abkommen mit Israel einzugehen, ist laut einem hochrangigen Verteidigungsbeamten der Hauptgrund, warum eine Rückkehr der israelischen Geiseln bislang ausbleibt. Entgegen Behauptungen, die Verzögerung liege an Israels Haltung zum Rückzug aus dem sogenannten Philadelphi-Korridor oder der Schaffung eines Sicherheitsperimeters in Gaza, betonte der Beamte am Donnerstag, dass die Blockade vonseiten der Hamas ausgehe.
Israel plant laut der Quelle, auch nach einem möglichen Waffenstillstand langfristig an einem Sicherheitsperimeter in Gaza festzuhalten. Diese Maßnahme unterscheidet sich von der aktuellen Strategie im Konflikt mit der Hisbollah im Libanon, wo ein vollständiger Rückzug der IDF erwartet wird.
Philadelphi-Korridor und Schuldzuweisungen
Bezüglich eines Rückzugs aus dem Philadelphi-Korridor im Austausch gegen die Geiseln zeigte sich der Beamte ausweichend. Dies widerspricht den Einschätzungen vieler innerhalb des israelischen Verteidigungsapparats, darunter auch des kürzlich entlassenen Verteidigungsministers Yoav Gallant. Gallant und andere führende Stimmen hatten Premierminister Benjamin Netanyahu dafür kritisiert, dass er seit Mai oder Juli eine Geiselvereinbarung blockiere. Sie argumentieren, ein temporärer Rückzug aus dem Korridor würde die Sicherheit Israels nicht gefährden, da die IDF jederzeit zurückkehren könnte.
Der Verteidigungsbeamte wies diese Vorwürfe zurück und betonte, dass die Hamas weiterhin über andere Themen verhandle, wie etwa die Anzahl und Auswahl palästinensischer Sicherheitsgefangener, die im Austausch für die israelischen Geiseln freigelassen werden könnten. Gleichzeitig berichteten andere Sicherheitsquellen, dass das Gefangenenthema bereits im Juli hätte gelöst werden können, hätte Netanyahu beim Philadelphi-Korridor nachgegeben.
Strategie für Gaza: „Der Tag danach“
Hinsichtlich der Zukunft Gazas verfolgt die israelische Regierung eine Strategie, die Hamas von der Kontrolle über humanitäre Hilfe und Nahrungsmittelversorgung abschneiden soll. Dazu sollen private US-amerikanische Auftragnehmer eingesetzt werden, die den Transport von Hilfsgütern übernehmen. Diese Unternehmen würden bewaffnet sein und für ihre eigene Sicherheit sorgen, ähnlich wie in den USA erprobte Modelle in Irak und Afghanistan.
Israel strebt dabei an, keine rechtliche oder finanzielle Verantwortung für Gaza zu übernehmen. Ziel sei es, die Hamas langfristig zu schwächen und gleichzeitig die humanitäre Lage unter Kontrolle zu halten.
Optimismus trotz Herausforderungen
Der Beamte zeigte sich optimistisch, dass der anhaltende Druck auf die Hamas, insbesondere im Norden Gazas, zu mehr Verhandlungsbereitschaft der Terrorgruppe führen könnte. Doch auf die Frage, wie Hamas in ihrer angeblichen Führungslosigkeit nach der Tötung von Yahya Sinwar, dem Chef der Hamas in Gaza, am 16. Oktober handlungsfähig sei, blieb der Beamte vage.
Die Geiselkrise bleibt damit ein zentrales Thema, das die israelische Politik und Gesellschaft stark beschäftigt. Während die Regierung auf Sicherheitsmaßnahmen setzt, bleibt die Freilassung der Geiseln eine schwierige und politisch hochsensible Aufgabe.
Autor: Redaktion
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Donnerstag, 21 November 2024