Ankara nutzt Chaos in Syrien – Kurden erneut Ziel brutaler Vertreibung
Die Türkei verschärft ihre Angriffe auf kurdische Gebiete in Syrien und treibt Hunderttausende in die Flucht, während die Welt zuschaut.
Die Türkei sieht in der Machtlosigkeit des Assad-Regimes und dem Rückzug russischer Truppen aus Syrien eine historische Chance. Ankara versucht, das Machtvakuum für eigene Zwecke zu nutzen und seine Position in Damaskus zu festigen. Bereits während des syrischen Bürgerkriegs agierte die Türkei aggressiv, unterstützte radikale Milizen und ließ diese weite Teile im Norden Syriens erobern. Nun verfolgt sie offensiver denn je eine Politik der ethnischen Vertreibung gegen die kurdische Bevölkerung Syriens.
Im Zentrum dieser Bemühungen steht die sogenannte Syrische Nationalarmee (SNA), ein Bündnis radikalislamischer Milizen, das Ankara als Stellvertreter einsetzt. Gleichzeitig hat die Türkei ihre diplomatischen Bemühungen verstärkt, um eine führende Rolle in Syrien zu übernehmen und Konkurrenten wie Russland und den Iran zu verdrängen.
Hunderttausende Kurden vertrieben
Seit Ende November, als die Extremistengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) eine Offensive gegen Assad startete, intensivierten türkische Verbände ihre Angriffe auf kurdische Siedlungen. Besonders betroffen war Manbij, eine Stadt, die die kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) mit hohen Verlusten aus den Fängen des „Islamischen Staates“ (ISIS) befreit hatten. Innerhalb weniger Tage fiel die Stadt an die SNA – ein symbolischer und strategischer Verlust für die Kurden. Bereits 2018 zwang die Türkei im Zuge ihrer Angriffe auf Afrin etwa 150.000 Kurden zur Flucht, jetzt sind es weitere 200.000.
Auch lebenswichtige Infrastruktur wird gezielt zerstört. Der Tishreen-Staudamm am Euphrat, eine zentrale Energiequelle für Nordostsyrien, wurde durch türkisch unterstützte Angriffe beschädigt. Millionen Menschen drohen Strom- und Wasserknappheit, da Reparaturen unter den aktuellen Bedingungen nahezu unmöglich sind.
Doppelmoral in der NATO
Während die Türkei NATO-Mitglied ist, stützt die US-Armee gleichzeitig die SDF, die als effizienteste Kraft gegen ISIS gilt. Diese ambivalente Haltung Washingtons hat es Ankara ermöglicht, ungehindert gegen die SDF vorzugehen. Währenddessen versucht die türkische Führung, die Vertreibungen zu rechtfertigen, indem sie die SDF mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK gleichsetzt, die Ankara als Bedrohung betrachtet.
Die Angriffe auf die SDF untergraben die Stabilität in der Region, zerstören jedoch gleichzeitig auch jahrelange Bemühungen, den ISIS vollständig zu besiegen. Statt gegen Terrororganisationen wie al-Qaida oder ISIS vorzugehen, nutzt die Türkei den Niedergang Assads gezielt für ihre anti-kurdische Agenda.
Ohne Schutz droht den Kurden eine Katastrophe
Ohne Schutz durch internationale Kräfte, insbesondere die USA, stehen die kurdischen Gebiete erneut vor einer humanitären Katastrophe. Bereits 2019 verhinderten syrische und russische Truppen eine Ausweitung türkischer Angriffe. Doch jetzt, mit dem Rückzug dieser Mächte, hat Ankara freie Hand, die Grenzregionen kurdenfrei zu machen.
Die Kurden, die in Syrien und auch im Irak als Bollwerk gegen ISIS dienten, zahlen erneut den Preis für die geopolitischen Spielchen der Großmächte. General Michael Kurilla, der Kommandeur des US-Zentralkommandos, besuchte kürzlich Syrien und führte Gespräche, doch konkrete Zusagen blieben aus. Eine Lösung für die Vertreibung und die humanitäre Not der Kurden ist unter den aktuellen Umständen nicht in Sicht.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Qasioun News Agency - https://www.youtube.com/watch?v=4Any0tZQY1M, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=68293642
Sonntag, 15 Dezember 2024