Eine neue Welle globaler Gewalt: Ist die Welt auf Terror unvorbereitet?

Eine neue Welle globaler Gewalt: Ist die Welt auf Terror unvorbereitet?


Die Zunahme extremistischer Gewalt sorgt für weltweite Besorgnis: Sind historische Faktoren oder kulturelle Muster der treibende Faktor?

Eine neue Welle globaler Gewalt: Ist die Welt auf Terror unvorbereitet?

Die internationale Debatte über die Ursachen extremistischer Gewalt hat eine neue Dringlichkeit erreicht. Der jüngste Anstieg von Anschlägen mit radikal-ideologischem Hintergrund in West und Ost zeigt: Die Bedrohung kennt keine Grenzen. Experten betonen die vielschichtigen Zusammenhänge von Kultur, historischer Gewalt und geopolitischen Krisen.

Am Neujahrsabend tötete der ehemalige US-Armee-Sergeant Shamsud-Din Jabbar 15 Menschen in New Orleans, nachdem er mit einem Lkw in eine Menge raste und anschließend das Feuer eröffnete. Der Fund einer IS-Flagge in seinem Fahrzeug weist klar auf ideologische Motive hin. Nur wenige Tage zuvor, am 20. Dezember, erschütterte ein Anschlag eines saudischen Staatsbürgers in Magdeburg, Deutschland, die europäische Öffentlichkeit. Fünf Menschen kamen ums Leben, über 200 wurden verletzt – trotz vorliegender Geheimdienstwarnungen. Der Vorfall lenkt den Blick erneut auf Lücken in europäischen Anti-Terror-Maßnahmen.

Derweil verhinderten schwedische Behörden einen Anschlagsplan eines erst 15-jährigen Jungen, der Verbindungen zu iranischen Netzwerken hatte. Ziel sollten israelische Einrichtungen in Stockholm und Göteborg sein. Diese Beispiele zeigen, wie effektiv extremistische Gruppen Instabilität ausnutzen, um ihre Reichweite global auszubauen.

Gewaltästhetik und kulturelle Verflechtungen

Dan Schueftan, Direktor des Zentrums für Nationale Sicherheitsstudien der Universität Haifa, warnt vor vorschnellen Schlussfolgerungen: „Die Gewalt im Nahen Osten kann nicht auf den arabisch-israelischen Konflikt reduziert werden. Seit 100 Jahren herrschen Bürgerkriege in Jordanien, Syrien, Irak, Jemen und Algerien.“ Diese jahrzehntelangen Konflikte prägen das kulturelle Gedächtnis und beeinflussen Gesellschaften weit über die Region hinaus. Schueftan betonte, dass nicht alle Aspekte der islamischen Kultur mit Gewalt gleichzusetzen seien. Doch er sieht eine Verbindung zwischen der Herkunft von Migranten und der Dynamik in ihren Aufnahmeländern.

„Millionen verlassen ihre Länder aufgrund zerstörerischer kultureller Elemente, nur um diese nach Europa oder in die USA zu bringen“, erklärte er. Dieses kulturelle Erbe würde in Form von Gewalt Einzug in neue Gesellschaften halten. Ein kritischer Punkt sei die Wahrnehmung von Konflikten: Während in westlichen Gesellschaften Gewalt als selten angesehen werde, sei in vielen Nahost-Kulturen das Töten eine akzeptierte Reaktion auf Gräuel.

Die schattenhafte Macht des IS

Obwohl der sogenannte IS-Kalifatstaat 2019 zerstört wurde, bleibt die Terrorgruppe eine erhebliche Gefahr. Der Nahost-Experte Fawaz Gerges erklärt: „Der IS hat sich als flexible Guerillakraft und transnationales Phänomen etabliert.“ Gruppenextortion, Kriminalität und Lösegeldforderungen sichern die Finanzierung. Allein in Syrien, Irak und Afghanistan sorgte die Organisation in den letzten Jahren durch dutzende Anschläge für Tausende Todesopfer.

Gleichzeitig schafft der IS eine symbolische Attraktion für Einzelpersonen weltweit – sogenannte Lone-Wolf-Attentäter. „Diese Anschläge entstehen oft aus einer Mischung aus ideologischer Indoktrination und psychologischen Traumata“, so Gerges. Die grenzüberschreitende Radikalisierung verlaufe zunehmend digital: „Personen mit extremistischen Neigungen suchen online nach dem IS und radikalisieren sich eigenständig.“

Ein schwieriges Sicherheitsdilemma

Schueftan und Gerges sind sich einig: Lone-Wolf-Attentäter stellen westliche Sicherheitsdienste vor nahezu unüberwindbare Herausforderungen. Direkte Rekrutierung durch Terrorgruppen sei weniger häufig. „Die echte Gefahr ist die Isolation: Frustrierte Einzelne finden online Zugang zu extremistischem Gedankengut und verwandeln sich in Akteure des Terrors,“ betont Schueftan.

Darüber hinaus zeigen die Beispiele in Deutschland und den USA, dass selbst etablierte Sicherheitsmechanismen überfordert sein können. Gerges schlussfolgert: „Absolute Sicherheit ist unmöglich. Jede Sicherheitsinfrastruktur kann versagen.“

Geopolitische Dynamik und kulturelle Verantwortung

Die aktuelle Terrorwelle wirft nicht nur Sicherheitsfragen auf. Die politische Verantwortung der Aufnahmeländer, die Zuwanderung effektiver zu steuern und kulturelle Integration zu fördern, ist ein zentraler Faktor. Schueftan lobte restriktivere Einwanderungspläne, wie sie etwa in der Trump-Administration diskutiert wurden: „Eine Begrenzung der Zuwanderung aus Konfliktregionen könnte die Gefahr terroristischer Strukturen reduzieren.“

Dieser Ansatz provoziert jedoch kulturrelativistische Kritik. Schueftan bleibt klar: „Der wahre Feind des Liberalismus ist ein falsch verstandener Progressivismus, der Gewalt relativiert.“ Diese Rhetorik trifft einen wunden Punkt in Gesellschaften, die mit inneren Spannungen und der Prävention von Terror zu kämpfen haben.

Die jüngsten Vorfälle sind ein Weckruf. Während der IS auf Territorialverluste reagiert, bleibt die ideologische Bedrohung durch extremistisches Gedankengut bestehen. Eine Balance zwischen kultureller Offenheit und effektiver Gefahrenabwehr ist heute mehr denn je gefordert.


Autor: Redaktion
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Mittwoch, 15 Januar 2025

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